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Keine der Personen, die hier beschrieben werden, existiert wirklich. (In deinem Leben.)

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Mittwoch, 9. Februar 2011

Vom Trösten

Sie waren erst einmal zusammen ausgegangen, aus Versehen.

In der Nacht waren sie beide in ihre Stammkneipe gegangen, weil sie vergessen hatten, dass sie den Abend davor kollektiv beschlossen hatten, eine neue Bar auszuprobieren. (Fail.)
Was folgte war ein vorgezogenes und überaus unangenehmes erstes Date, eigentlich waren sie nämlich ohnehin zu zweit für die nächsten Abend verabredet gewesen. (Utter fail.)
Als sie nach einer halben bis dreiviertel Stunde per SMS versuchten, die Situation aufzuklären, beschlossen ihre Freunde sie bei ihrem Date (das zu diesem Zeitpunkt noch informell unter „Treffen“ lief) am darauffolgenden Abend zu treffen. (Ultimate fail.)

So wurde ihr erstes geplantes Date also um 8 Personen bereichert.
Sie gingen doch wieder in ihre Stammkneipe und alles deutete darauf hin, dass dies ein weiteres Glied in der Reihe undefinierbarer und uniformer Nächte wurde, nur vielleicht etwas unangenehmer.
„The more the merrier my arse“ sagte sie grinsend zu ihm. Er war Amerikaner und ihre auf Anhieb gute Verbindung basierte hauptsächlich auf ihren hervorragenden Englischkenntnissen und seiner hervorstechenden Attraktivität. Hinzu kam eine beiderseitige Alternativlosigkeit, bedingt dadurch dass er erst vor zwei Wochen in Deutschland angekommen war und noch kein Wort Deutsch sprach oder Menschen kannte, an denen er es ausprobieren konnte, sowie durch die Tatsache, dass sie mit Siebenmeilenstiefeln auf den Jahrestag ihrer Durststrecke zulief und nächste Woche ihre Tage bekommen würde.

Was so vielversprechend einfach begonnen hatte entwickelte sich innerhalb weniger Stunden zu einer Sackgasse. Er war verschlossen an diesem Abend, geradezu unfreundlich, und nicht nur zu ihr. Trotzdem war er der erste, der bei der Suche nach einem geeigneten Ziel für ein Woandershinwalking seine Wohnung anbot. Alle gingen, alle bereuten.
Sie sahen Forgetting Sarah Marshall und The Hangover (die Reihenfolge ist bis heute noch strittig). Sie gähnten verhalten. Sie gingen.
Bis auf sie. Er bat sie zu bleiben. Sie blieb. Er erzählte ihr was vorgefallen war während sie ihn hielt. Sie waren beide selten so allein gewesen.

Sie beendete an diesem Abend ihre Durststrecke vor dem Jahrestag, doch sie verließ seine Wohnung hungrig. Er würde sich nie bei ihr bedanken oder entschuldigen.

Im Grunde würden sie überhaupt nicht mehr sprechen.


Nachdem alle gegangen waren
blieb sie, gefesselt von seinen hilflosen Blicken,
gehalten von seinen haltlosen Händen.

So verbrachten sie die Nacht
in seinem Schmerz.

Für sie: ein fremdes Meer, das über sie spült.
Für ihn: die Welt, in der (vielleicht) eine Boje schwimmt.

Sie füllte den undefinierten Raum
mit Worten wie mit Sandkörnern
um einen Boden zu legen,
auf dem er sie nehmen konnte.

Er füllte den neu definierten Raum
mit Küssen wie mit Möwenschreien
um einen Grund zu geben,
doch da war kein Platz für Zärtlichkeit.

Die Wut schwamm in seinen Augen
und etwas Angst vor dieser Fremden,
deren Kopf er mit einer Hand festhielt.

Nach Stunden
wusch sie sich
und verließ seine Welt
mit schmerzenden Gliedern
und leeren Händen.

Der Heimweg war lang und dunkel
und der Sand zog ihr noch lange den Boden unter den Füßen weg.

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