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Montag, 23. September 2013

In Zeiten des Glücks

Heute mal nur ein Gedicht.
Immerhin, das ist ein Gedicht mehr als ich im letzten halben Jahr geschrieben habe.
Ich überlasse die Traumarbeit also dieses Mal euch. Fall ihr Schwierigkeiten habt, stellt euch vor:

Sie sitzt auf einem Stuhl, an einem Tisch, vor einem Bildschirm, die ihre täglichen Begleiter geworden sind. Sie ist ein Stuhl, ein Tisch, ein Bildschirm. Und plötzlich, mit Schrecken und mit Überraschung, sieht sie das. So klar wie die dreidimensionalen optischen Illusionen ihrer Kindheit, die Tiefenbilder, und genauso schnell entgleitet ihr die Vision.
Es bleibt ein vages Gefühl des Heimwehs.

Nur ein Vorschlag.






Damals, als die Welt noch gläsern war,
sah ich Farben nur metaphorisch,
Menschen allegorisch,
Bedeutung quoll und troff aus allen Poren.

Schmerz war Benzin und
Wetter war Fäuste und
Nacht war nichts
als ein Schattenspiel
in dem die Konturen der Dämonen
in den Kaffeetassen verschwammen
und die Götter umso heller leuchteten,
die Besoffenen.

Bäume zerschellten klirrend an Himmeln
während ich in einem Büro saß,
komplett mit kaputtem Drehstuhl,
fleckgrauem Teppich,
undichten Fenstern,
und irgendjemandes türkischen Instanttee aß;
ich erkannte alles und verstand nichts.

Vielleicht
dass
der Mut irgendwann einfach wandern ging
oder dass der Verstand schließlich doch
reifte,
der Verräter

Das Glück
hat mich nun fest im Griff
mit seinen Krallen und Zähnen,
seinen süßlichen Liedern und warmen Bildern.
Weich und schwer
wie überreifes Obst
sitze ich,
behäbig begreifend,
Wörter grob packend und umwälzend.
Und das ist dann Arbeit.

Selten nur,
wenn ich mir einen Traum bis in den Morgen rette
oder wenn mich mein Glück nicht schlafen lässt,
regt sich ein unbestimmter Schmerz,
der nie so ganz Benzin wird,
und ich nehme ein Aspirin.

6 Kommentare:

  1. Ich glaub... die Welt ist nun gerettet. Fürs Erste.
    Musste alle Antworten über Bord werfen.
    Du glaubst nicht was alles möglich ist.
    Aber vielleicht weißt du das ja doch schon alles.
    Irgendwie. In jedem Fall liess ich mich grade sehr gern
    in diesen neuen alten Text fallen. Schön, dass er hier
    gewartet hat. Und sorry wegen dem Getöse. Etwas
    Humor ist wichtiger als jeder metaphysische
    Schnickschnack.

    Schalom
    Ben

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  2. Sperrmüll. Nun auch in London, wo ich zur Zeit im Geisterhaus stecke. Okkultismus hier wie überall das Hipsterhobby (ohne Rückgrat). Nur die Chinesen haben's verstanden: http://www.theguardian.com/world/2014/jun/18/britain-old-declining-empire-official-chinese-newspaper

    Wäre toll mal wieder was von dir zu lesen!

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  3. Lieber Ben,
    da habe ich dich verpasst. Das und noch viel anderes. Ich sehe nichts mehr außer Kaffeetassen, und die Welt dahinter verschwimmt zu Farben und flinken Formen.
    Ab jetzt hoffentlich wieder mehr. Mal sehen, wie lange meine guten Vorsätze anhalten.

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  4. Liebe Judith,
    dem Sog des Alltags kann man sich nur taumelnd entziehen, bis die flirrenden Formen, länger ausharrend, neue Muster bilden. Und andersrum. Eigentlich wollte ich ja ins Kloster, um den ganzen Process noch etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, aber eine alte Freundin meldete sich zwischenzeitlich mit dem Anliegen, sich das Hirn rauszupusten. Daher versuche ich momentan schnell Abhilfe zu verfassen, da ich sie physisch nicht erreichen kann. Dieses Anliegen trägt einen Roman, den ich von Tag zu Tag schnell runterschreibe, und der ihre Situation verfremdet aufgreift und ästhetisiert. Falls du Zeit und Lust hast, würde ich mich über dein Feedback freuen, da ich dein Taktgefühl sehr schätze und dein Blixenmotto ganz gut passt. Den Text findest du versteckt hinter deinem neusten Follower. Poste wohl alle paar Tage, bis das Ding fertig ist. In jedem Fall bleibt neuer Output deinerseits während dieser Zeit eine Inspiration.

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  5. "Na dann schauen wir uns das mal an!"
    Sagte ich (nicht laut). Und konnte leider nicht feststellen, wer mein neuester Follower ist. So gut hast du den versteckt.
    Ich will's darauf schieben, dass ich schon so lange nicht mehr hier war, und bitte dich um Verzeihung und einen weiteren Hinweis darauf, wo und wie ich deine Texte lesen kann.

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  6. Eine Felsenstadt. Dahinter fließt ein Bach.

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