Mittwoch, 14. Dezember 2011
Die Jagd
Das Haselmull drückt seinen kleinen nackten, blassen Körper tief in die dunkelste Ecke des Unterholzes und lauscht. Seine graue Haut, die sich dünn über den filigranen Knochen spannt, zittert sanft vor Kälte und Aufregung. Scheu richtet es sich auf und wittert. Die schwarzen langen Wimpern über den halbblinden Knopfaugen flattern hoffnungsvoll. Da, da ist es. Das Geräusch, die Erschütterung, nach der es Ausschau gehalten hatte.
Das Traben des Rotwolfs ist weithin zu hören. Sein Geruch ist so scharf, dass selbst du ihn aus mehreren hundert Metern Entfernung wahrnehmen könntest. Er muss nicht schleichen oder pirschen. Er lacht heulend.
Das Mull versteckt sich weiterhin. Das gehört zum Spiel. Zur Jagd. Es hört den Wolf näher und näher kommen, knurren, wüten, Äste zerbrechen und kleine Gewächse entwurzeln. Es muss den richtigen Moment abwarten, darf sich nicht zu früh zeigen, den riesigen Rotwolf nicht verschrecken.
Ein Haselmull ist keine lohnende Beute aber ein gerissener Jäger.
Es hört den Wolf näherkommen, das Geäst bebt unter seinen sicheren Schritten. Sein Geruch ist betörend. Nun ist er schon fast am Versteck des Haselmulls. Das Herz des Mulls pocht als es verschwommen die schweren roten Vorderpfoten erblickt.
Es schießt aus dem Unterholz hervor, unter den kräftigen Körper des Wolfs, dann blitzschnell zwischen seinen Vorderpfoten hindurch. Wie zufällig den Nacken entblößend. Einladend. Bittend.
Der Wolf, mechanisch, schnappt zu.
Deine Schritte zerreißen mich.
Bitte zerbeiß mich nicht
ohne dein heiseres Wildgeschrei.
Pack meinen Nacken,
verrenke Gelenke und
schlage mein Zagen nicht
ohne dein leiseres Lustgestöhn.
Verwöhne meine Schauer.
Schau genauer:
wir sind blutwarm,
nie handzahm,
entrückt,
geschmückt mit Lachen
machen wir die Nacht
zur Wacht
und selbst an Tagen –
lass uns noch einmal Jagen
spielen.
Labels:
Beziehungs-weise,
Surrealismus
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
hne dein leiseres Lustgestöhn.
AntwortenLöschenVerwöhne meine Schauer.
Schau genauer:
wir sind blutwarm,
nie handzahm,
entrückt,
geschmückt mit Lachen
machen wir die Nacht
zur Wacht
guter und akkurater umgang mit worten und bildern!
Danke, ilukava!
AntwortenLöschenHandzahme Grüße