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Donnerstag, 7. April 2011

Betrügen: eine Anleitung



Sie war selten von so vielen schönen Männern umgeben gewesen. Noch viel seltener war sie von so vielen schönen Männern bemerkt worden. Und noch nie hatten sich so viele schöne Männer um sie gerissen.

Es war ihr egal dass all die Aufmerksamkeit, die ihr entgegengebracht wurde, ganz offensichtlich daher rührte, dass sie das einzige Mädchen im Raum war. Sie genoss sie in vollen Zügen.

Der Vampir war mit Sicherheit der direkteste ihrer Anwerber. Er füllte ihre Getränke nach bei jedem Schluck, den sie nahm, er berührte sie leise, er lächelte sein kaltes Lächeln und stellte sicher, dass sein schlanker hochgewachsener Körper stets in ihrer Nähe war.

Der Prinz brachte sie zum Lachen. Seine blonden Locken fielen ihm in die Stirn und in die braunen Augen, die ihren Blick im Schraubstock hielten und nicht freigaben.

Der Däne hatte etwas Anziehendes in seiner stillen Zurückhaltung. Obwohl er sie nicht einmal direkt anzusprechen wagte war er präsent für sie, physisch und psychisch. Er warf mit seinem harten Akzent große Worte in die Runde, die sie nicht verstand und die sich in unter ihre Haut schraubten.

Der Fuchs betrachtete sie aus der Ferne, sein grauer Blick wanderte scheu durch die Männermenge und anstatt zu trinken spielte er nervös mit seinem dünnen rötlichen Bart. Höflich zeigte er allen seinen männlichen Gästen den Weg zur Toilette und füllte ihre Gläser, wenn die mitgebrachten Getränke zur Neige gingen. Doch am Ende galt auch seine Aufmerksamkeit nur ihr. Ihr Herz zuckte wenn ihre Blicke sich begegneten. Sie wusste nicht wieso. Sie hatte vergessen wieso.

Sie verließ die Küche, in der sich alle Gäste aufhielten, und fühlte ihren Weg durch die dunklen Korridore zur Toilette. Dort angekommen hörte sie ein unterdrücktes Fluchen: der Vampir konnte den Lichtschalter nicht finden. Nachdem sie ihm gesagt hatte dass sie ihm helfen würde hatte sie kaum Zeit die Wände abzutasten, da hatte er sie schon gepackt und geküsst. Ihr Kopf schrillte und schmerzte, sie verging fast im Sublimen.
Als er sie losließ stolperte sie in eines der Nebenzimmer und sank zitternd an der Wand zu Boden. Der Alkohol und die Hitze drehten sie in benommenen Kreisen. Sie hörte ein Geräusch an der Tür und wollte schon protestieren als sie in der Dunkelheit an Stelle der erwarteten hageren Gestalt einen viel kleineren Mann mit Lockenschopf eintreten sah, dicht gefolgt von der kantigen Figur des Dänen. Der Prinz nahm sie in seine Arme, liebkoste sie zärtlich und wartete, bis sie sich beruhigt hatte. Sie nahm es kaum noch wahr, als er seine Hand unter ihr T-Shirt schob. Der Däne starrte.

Als sie erwachte war sie noch immer in diesem Raum, den sie wie zum ersten Mal wahrnahm. Inzwischen spendete eine kleine Nachttischlampe ein Minimum an Licht. Auf dem großen, ordentlich gemachten Doppelbett lag der Fuchs neben ihr und reichte ihr schweigend ein Glas Wasser als er merkte, dass sie erwacht war. Als sie ihn sah zog sich ihr Magen zusammen. Der Geschmack in ihrem Mund sagte ihr dass es nicht das erste Mal an diesem Abend war.

Sie schwiegen lange. Aus reiner Gewohnheit fuhr sie über den glatten hölzernen Bettrahmen. Sie betrachtete das Foto von ihr und ihm auf dem Nachttisch. Selbst im Zwielicht noch schimmerte sein Haar in dem Rotton, den sie so liebte. Sein Haar auf dem Kissen, sein Haar im Rahmen. Auf dem Bild lächelte lächelten sie beide.
Sie drehte sich wieder zu ihm.


Und sie lächelten nicht.


Es ist ganz einfach:
du musst nur zweimal
nein
und dann einmal
ja
sagen und dann
geht es wie von selbst.

Dann wird alles
flaschengrün
und eine scharfe Scherbe
vielleicht eine Rutsche,
die in einer
Dreitagebartwiese endet.

Verspielt
hast du bereits, also
spiele
mit ganzem Einsatz
bis zum bitteren
Ende.

Denke nie an Morgen.

Hier endet die Anleitung.


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