Diese Seite enthält nur Worte und ist nicht daran interessiert, deine Augen oder Ohren zu unterhalten.

Keine der Personen, die hier beschrieben werden, existiert wirklich. (In deinem Leben.)

Alles, was hier beschrieben wird, ist wahr. (In deinem Kopf.)



Samstag, 8. Oktober 2011

Vom Bauen



01:42, gestern Nacht.


Ich laufe also heim, im Regen (Klischees sind noch viel ärgerlicher, wenn sie im echten Leben auftreten). Ich bekomme eine SMS, ich weiß dass sie nicht von dir ist, verbiete mir zu hoffen, mein Magen ignoriert mich wieder einmal. Natürlich ist sie nicht von dir sondern wieder von ihr.
Sie ist charmant und lustig. Ohne eine Miene zu verziehen schreibe ich „Haha,“ gefolgt von ein paar noch charmanteren und lustigeren Sätzen. Ich bin gut darin, Worte auf Worte zu stapeln, solide und gefällig.


Nur wie man eine Rede anfängt, die keinen Grundstein hat, das weiß ich nicht. Ich bin kein Architekt, ich bin Bauarbeiter. Ich wüsste nicht, wie ich die Gefühle, die du mir machst, anziehen sollte – geschweige denn in Worte mauern. Ich habe keine Baupläne.
Ich habe keine Pläne.


Mit etwas Glück wage ich es trotzdem, vielleicht wird eine Hütte draus. Oder sonst irgendeine bewohnbare Konstruktion. Wo es weniger kalt ist als draußen. Wo vielleicht ein bisschen Licht wäre.


Bis dahin schreibe ich ihr und baue Luftschlösser mit Kronleuchtern. Vermutlich zieht sie bald dort ein.
Ich habe keine Pläne.
Ich habe wenig Hoffnung.




ich mag das wie sie mich mag wie sie
mir oft schreibt und sich mühe gibt dabei und wie
sie mich ansieht wenn ich gut aussehe


ich mag das weniger wie du meine zeit
stiehlst und mir liebend die haare zer-
reißt wenn sie mir mal ausgeht


vielleicht mag ich es nur deshalb so wie sie
sicherlich gut im bett und immer oben
wäre wenn du nicht


immer oben wärst und ihren platz
stehlen und mich sicherlich noch mehr ver-
irren würdest wenn ich nur
ein bisschen mehr zeit für dich hätte








Anmerkung: Nach viel Surrealismus, Märchen und Natur jetzt mal wieder harter, postmoderner Realismus. Ich hoffe ich (und wir) haben's nicht verlernt!

Montag, 3. Oktober 2011

Von den Grenzen


Er lehnte sich tief zurück in seinem Lieblingssessel. Er war einer der unbequemsten Sessel in seiner teuer eingerichteten Wohnung, nur getoppt von der französischen Voyeuse, dem Konversationsstuhl, dessen Lehne sich einem in den Rücken presste und der sein Fortleben in der Wohnung allein seinem hohen Kaufpreis und der bemerkenswerten Ähnlichkeit seines Polsterbezugs mit der Tapete verdankte.

Die Sprungfedern drückten sich schmerzhaft durch den dünn gesessenen Bezug in seine knochigen Oberschenkel und seinen verspannten Rücken. Mit jedem Schluck Whisky, den er nahm, überschlug er im Kopf grob, wie viel Geld er da gerade trank. Eine uralte Angewohnheit, die sein Konsumverhalten vor Jahren geprägt und ihn zum Teil dorthin gebracht hatte, wo er heute war, und die er nun, da er mehr Geld hatte als er ausgeben konnte, nicht mehr abstellen konnte.

Müde rieb er sich die Augen und Schläfen, an denen sein Haar bereits schütter war. Er hatte die Papiere, die er sich mit nach Hause genommen hatte, durchgearbeitet und noch über fünf Stunden, bevor er wieder aufstehen musste. Zuviel Zeit, um jetzt schon ins Bett zu gehen, zu wenig Zeit um sich noch eine Prostituierte zu bestellen. Mit seiner fünf Stunden Regel (wie mit allen seinen Regeln) war er streng.

Seufzend strich er über die blassgrüne Armlehne seines Sessels und leerte sein Glas. Er erlaubte sich einen kurzen, nostalgischen Traum über die Frau, die ihm den Sessel vor vielen Jahren geschenkt hatte. In einer Wohnung, in der blassgrün nicht deplatziert schien. In einem Leben, in dem es vorgeschriebene, nicht selbstgemachte Grenzen gab.
Um Punkt 02:00 Uhr morgens löschte er das Licht, putzte sich die Zähne und ging ins Bett.


Ich muss wändelehnen
und grenzendehnen,
Räume erfüllen und
Träume enthüllen.

Ich will mich er-fühlen.
Mein Geschlecht zer-wühlen,
meinen Kopf zer-spüren
und mein Herz ent-rühren.

Im Fesselnsprengen,
im Kräftekennen –
nur im Kampf
bin ich.